POLITIK UND GESELLSCHAFT

“We built it, we paid for it, it's ours,
and we're going to keep it.”
Ronald Reagan

“Ich will nicht in die Geschichtsbücher,
ich will in die Kanalzone!“
Omar Torrijos

Wendepunkte:
Der Panama-Kanal wechselt den Staat

7. September 1977 - US-Präsident Jimmy Carter und General Omar Torrijos unterzeichnen das Abkommen, das die Rückgabe des Panama-Kanals vom Erbauer an den Staat Panama auf das Jahr 1999 festlegt.

96 Jahre wird die Kanalzone von den USA kontrolliert, 96 Jahre sind die Geschicke, die Geschichte und Wirtschaft, der Aufstieg zweier Nationen mit dem Kanal verbunden. Allerdings mit jeweils anderen Vorzeichen. Für die USA war der Kanalbau ein Zeichen von Potenz, das Symbol ihrer Vormachtstellung und Sicherung ihrer Interessen. Für Panama war der Kanal 1903 der Preis für die Unabhängigkeit von Kolumbien.

Mehrere US-Präsidenten vor Carter, wie Johnson, Nixon oder Ford befassten sich mit einer möglichen Rückgabe des Kanals, schreckten jedoch stets vor der unpopulären Maßnahme zurück. Letztendlich waren es gut abgewogene Argumente, die pro Rückgabe sprachen. Die US-Präsenz und Kanalhoheit mit zeitweise an die 20.000 Soldaten wurde in Panama als Relikt früherer Kolonialzeiten betrachtet und die Spannungen darüber wuchsen. Das heißt, die Rückgabe war eine Mischung aus moralischer Verpflichtung und Überlegungen zur Sicherheitslage. Nur, dass Jimmy Carter nach eigener Aussage*1, die Antipathie der US-Bevölkerung dagegen, völlig unterschätzt hat.

Die Entscheidung lässt in den 1970ern die Emotionen der US-Amerikaner hochkochen und hatte laut Adam Clymer*2, früherer Korrespondent der New York Times in Washington, unbeabsichtigte politische Konsequenzen. Er vertritt die These, dass die Diskussion um die Rückgabe des Kanals, Ronald Reagans „Wahlhelfer“ ins Amt des Präsidenten 1980 gewesen sei und den wachsenden Konservatismus im Staate befeuert habe. Fast trotzig erscheint Ronald Reagans damaliger Slogan: Wir bauten ihn, wir haben ihn bezahlt, der Kanal ist unser, und wir werden ihn auch behalten. Der Panama-Kanal spaltete eine Gesellschaft, deren Nerven bereits durch den verlorenen Vietnam-Krieg blank lagen. Mit dem angekratzten Nationalstolz nun auch noch die Kontrolle über das „Monument des Amerikanischen Jahrhunderts“ aufzugeben, kam den Gegnern wohl wie eine zweite Kapitulation vor.

Die Geschichte

Die erste Konzession und damit die Rechte zum Bau eines Kanals durch den Isthmus erhält Frankreich 1878. Der Versuch endet als Desaster. Ferdinand de Lesseps, erfolgreich mit dem Bau des Suez-Kanals, unterschätzt die geologischen, geographischen und klimatischen Schwierigkeiten und somit auch den Kapitalbedarf. 22.000 Tote in acht Jahren und der größte französische Finanzskandal des 19. Jahrhunderts sind seine Hinterlassenschaft.

Nach dem Konkurs der alten Kanalgesellschaft 1889, bietet der Staat Kolumbien, dessen Provinz Panama seinerzeit gewesen ist, den Vereinigten Staaten die Konzession an, die allerdings mit der Idee eines Kanalbaus durch Nicaragua beschäftigt waren und ablehnten. Augenscheinlich hat China nach über 100 Jahren wieder Geschmack an dieser Idee gefunden.

Auf jeden Fall haben um 1892 eine Gruppe von nordamerikanischen Kapitalgebern um den Bankier J. P. Morgan und spätere Financiers des Kanals ihre eigenen Pläne und betreiben, so würden wir heute sagen, Lobby-Arbeit. 1902 beschließt der US-Kongress den Bau des Kanals auf Staatskosten, der den USA zur Weltmachtstellung verhelfen sollte, und ermächtigt den US-Präsidenten „Teddy“ Roosevelt, die französische Konkursmasse für $ 40 Mio. zu kaufen. Die Verhandlungen über die Konzession auf Staatsebene steckten jedoch fest, man wurde nicht handelseinig. $ 10 Mio. und eine jährliche Pacht in Höhe von $ 250.000 erschienen Kolumbien nicht ausreichend. Nun suchten die USA andere Wege, ihre beträchtlichen strategischen und wirtschaftlichen Interessen und teuerste Investition aller Zeiten zu schützen; Theodore Roosevelt fackelt nicht lange: er unterstützt die separatistische Bewegung in Panama zur Loslösung von Kolumbien und lässt Ende 1903 US-Truppen die Kanalzone besetzen.

Der Friedensvertrag zwischen Kolumbien und Panama wird auf dem Schlachtschiff USS-Wisconsin unterzeichnet. Der souveräne Staat Panama ist geboren, und er sichert seiner Geburtshelferin USA vertraglich die Gebietshoheit über den Panama-Kanal und einige Meilen beiderseits der Kanalstraße, „auf ewig“ zu. Nach einer Bauzeit von acht Jahren und einer einzigartigen Ingenieurleistung mit ca. 75.000 Arbeitern und Kosten von $ 345 Mio. findet die Kanaleröffnung fast unbeachtet von der Weltöffentlichkeit im August 1914 statt. Der 1. Weltkrieg hatte begonnen.

102 Jahre später hat sich Panama von der Vergangenheit gelöst. 2016 wird ein neuer Kanal, ein neues Wunderwerk der Technik eröffnet, der vom Staate Panama erbaut wurde und das Land mit Recht zum logistischen Drehkreuz erklärt.

Yvonne Steiner, BRS Dortmund, September 2016

*1  Lesung von Adam Clymer in der Library of Congress 2008
*2 Adam Clymer "Drawing the Line at the Big Ditch – The Panama Canal Treaties and the Rise of the right"  
US-Präsident Jimmy Carter (1977-1981) und General Omar Torrijos nach der Unterzeichnung der Torrijos-Carter-Verträge am 07.09.1977.
Quelle/Rechte: By White House photo [Public domain], ARC Identifier 176083, via Wikimedia Commons.
US-Präsident Jimmy Carter (1977-1981) und General Omar Torrijos nach der Unterzeichnung der Torrijos-Carter-Verträge am 07.09.1977.

„By far the most important action I took in foreign affairs during the time I was President related to the Panama Canal.” Theodore Roosevelt in “The Story of the Panama Canal” (1927)

Theodore Roosevelt mit seiner Frau (Mitte) und anderen auf einem Zug bei der Inspektion des 13 km langen „Culebra Cuts“ (Culebra- oder Gaillard-Durchstich), Panama-Kanal 1906.
Foto: H.C. White Co., N.Y. 1906
Quelle: Library of Congress/H85711 U.S. Copyright Office/http://hdl.loc.gov/loc.pnp/pp.print
Theodore Roosevelt mit seiner Frau (Mitte) und anderen auf einem Zug bei der Inspektion des 13 km langen „Culebra Cuts“ (Culebra- oder Gaillard-Durchstich), Panama-Kanal 1906

Theodore Roosevelt’s Arrival in Panama 1906

15. November 1906: Theodore Roosevelt inspizierte die Bauarbeiten zum Panama-Kanal und besuchte als amtierender US-Präsident den neuen Staat Panama. In dieser Filmsequenz sind abgesehen von Würdenträgern, die Reiter-Eskorte, eine Militärkapelle und Schaulustige in Panama City zu sehen. Nach Manuel Amador Guerrero, dem 1. Präsidenten Panamas, hält Roosevelt eine Rede.
Silent Film, United States, 1906 Quelle: Theodore Roosevelt Association Collection (Library of Congress)/http://hdl.loc.gov/loc.mbrsmi/trmp.4179
The Panama Canal Expansion and the Environment
Quelle/Rechte: Autoridad del Canal de Panamá, ACP