„Ich mache es, aber nur mit Knappertsbusch.“
Hans Singer – Mentor des Lateinamerika Vereins und der deutsch-mexikanischen Beziehungen
Manchmal erscheinen Episoden in der Geschichte so, als ob sich die Dinge wie von selbst, einem Puzzle gleich, zusammengefügt hätten: Fertig, passt!
Aber in Wahrheit geht, wie auch an diesem Beispiel ersichtlich, immer harte Arbeit einem Prozess voraus, der von engagierten Menschen, die zur richtigen Zeit, am richtigen Ort sind, vorangetrieben wird; und Hans Singer, Vorstandsvorsitzender des Ibero-Amerika Vereins (abgekürzt IAV heute LAV) von 1989 bis 1994 und Begründer der Deutsch-Mexikanischen Gesellschaft (DMG), ist genau diese herausragende Mensch/Person/Persönlichkeit gewesen, die nach Aussagen seiner Weggefährten etwas bewegen wollte und auch bewegt hat.
Lateinamerika-affin wie Singer war, erkannte er das Potenzial Mexicos schon in den 60ern/70ern und engagierte sich auch in späteren Jahren für eine intensive Zusammenarbeit, obwohl es in den 90er Jahren nicht einfach gewesen war, für Lateinamerika insgesamt „eine Bresche zu schlagen“. Dennoch wurden in dieser wirtschaftspolitisch schwierigen Dekade, in der deutsche Investitionen auf dem Kontinent eher rückläufig waren, bedeutende Entwicklungen in und mit Mexiko angeschoben, die Jahre später Früchte trugen. Hans Singer wusste sehr gut, dass bei der strategischen Umsetzung wirtschaftlicher Entwicklungen der Einsatz vermittelnder Institutionen von jeher unverzichtbar war und so ist sein umfangreiches Engagement im LAV oder im DMG zu verstehen. In diese Organisationen brachte er sein großes Netzwerk mit der entsprechenden finanziellen Förderung gemeinsamer wirtschaftlicher und sozio-kultureller Ziele mit ein.
Der Vorstandsvorsitzende und spätere Aufsichtsrat der Ferrostaal AG hatte allerdings eine Bedingung für den Vorsitz im LAV: „Ich mache es, aber nur mit Knappertsbusch“, erzählt Frank Hoffmann über seinen langjährigen Chef. Gemeint ist der damalige LAV Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Peter Knappertsbusch. Zudem ernannte er Reinhild Gräfin Hardenberg zur Geschäftsführerin der Deutsch-Mexikanischen Gesellschaft; er schien genau zu wissen, dass sie sich „hineinknien“ würde. Es heißt, Singer habe es verstanden, über sein eigenes Engagement und mit seiner Ausstrahlung, andere Menschen zu positiver Arbeit zu motivieren. „Ein Glücksfall für Ferrostaal und den LAV“, so beschreiben ihn einheitlich Germán Paul und Albrecht Rädecke, die ihm in den jeweiligen Vereinen im Vorsitz nachfolgten.
In die Zeit der Präsidentschaft Singers fällt insofern die Gründung der “Kommission Mexiko-Deutschland 2000“ im Jahr 1991, in der der LAV eine maßgebliche Rolle spielte. Mit dieser Kommission wird weitsichtig etwas angestoßen, was 24 Jahre später in 2014 mit der "Deutsch-Mexikanischen Binationalen Kommission – Allianz für die Zukunft" der Außenministerien beider Länder wieder aufgegriffen werden sollte.
Zwar unterzeichneten die Regierungen Mexikos und Deutschlands bereits 1974 ein Rahmenabkommen vom BMBF*1 zur wissenschaftlich-technologischen Zusammenarbeit. Das reichte jedoch allen Parteien für eine zukunftsweisende, strategische Wirtschaftsbeziehung nicht aus und Mexiko war in den 90ern sehr entschlossen, seine Internationalisierung, Wirtschafts- und Außenpolitik voranzutreiben.
Jedenfalls beschlossen Bundeskanzler Kohl und der mexikanische Präsident Salinas de Gortari in Bonn Mitte 1991 die Gründung dieser Kommission Mexiko-Deutschland 2000, die über regierungsunabhängige Berater, Politiker, Unternehmer und Wissenschaftler Empfehlungen für die Intensivierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern über das Jahr 2000 hinaus gehen sollte.
Die Federführung und Steuerung der deutschen Seite der Kommission übertrug das Auswärtige Amt dem LAV, und Peter Knappertsbusch wurde Vorsitzender auf deutscher Seite. Vorsitzender der Mexikaner war Ernesto Warnholtz, bis heute ein aktives Mitglied des LAV. Insgesamt vier Mal traf sich die Kommission wechselseitig in Bonn und in Mexiko Stadt.
Im Dezember 1993 war es soweit. Die Berater legten den Abschlussbericht "Deutschland und Mexiko - Perspektiven für das Jahr 2000" vor. Die Koordination des Wirtschaftsteils und die Fertigstellung des gesamten Berichtes hatten in der Hand des LAV gelegen und wurden durch Peter Rösler, dem späteren stellv. Geschäftsführer des Vereins, umgesetzt. Herausgeber war das Institut für Ibero-Amerika Kunde.
Der umfangreiche Bericht – ein blaues Buch in deutscher wie auch in spanischer Sprache, 152 Seiten dick, wurde am 18. Februar 1994 Mexikos Präsident Salinas de Gortari und am 22. Juni 1994 Bundespräsident von Weizsäcker persönlich übergeben und eröffnete einen Mechanismus zur umfassenden bilateralen Zusammenarbeit.