Der Urvater des Latin Rock:
Carlos Santana
Wer hätte in den 70er Jahren der BRD gedacht, dass Bremen eines der Salsa-Mekkas in Deutschland wird? Auch die größten Optimisten unter uns müssen zugeben, dass unter der Einwirkung Roberto Blancos*1 "Der Puppenspieler von Mexico" oder der "Fiesta Mexicana" von Rex Gildo*2 nichts dergleichen zu erwarten war. Und das, obwohl der "urspanische" Schlachtruf des Schlagers von Gildo, „Hossa! Hossa!“, das deutsche Temperament ordentlich in Wallung bringt und das Land Mexico schon in die richtige Richtung zeigt. Denn da ist der Urvater des Latin-Rock geboren, Carlos Santana.
Die 70er begannen musikalisch mit dem Ende der Beatle Ära. Danach zeigte die Rock- und Popwelt all ihre Facetten und gelangte mit schwarzen Soul, Funk, Reggae und letztendlich Disco-Sounds zu legendärem Ruhm. Santana allerdings machte etwas völlig Neues, das erst später seine Definition erhält: Der Musiker, der vor bald 50 Jahren in Woodstock rund 400.000 Menschen sein virtuoses Spiel mit der E-Guitarre vorstellt, ohne vorher jemals eine Platte veröffentlicht zu haben, mischt Blues, Latin, Jazz und Rock und kreiert damit ein ganz neues „exotisches“ Genre. „Wir bestaunten die revolutionär vielen Percussions, die wir in solch einer großen Besetzung hier noch gar nicht gesehen hatten. Mindestens drei an den Schlaginstrumenten, das war neu“, erzählt ein deutscher Drummer. Seine Songs "Samba Pa Ti" oder seine Versionen von "Oye Como Va" und "Black Magic Woman" – das eine Stück von Tito Puente, das andere von Fleetwood Mac - werden zu Welthits.
Der "Guitarrengott" Carlos Santana bahnt sich seinen Weg mit Rhythmen, die man ansatzweise, aber auch nur ansatzweise aus der Tanzschule über die "Lateinamerikanischen Tänze" kennengelernt hat. Dennoch ist anzunehmen, dass die allermeisten in Europa Santanta nicht bewusst als den lateinamerikanischen Musiker wahrnahmen, sondern als den amerikanischen.
Carlos Santana ist 1947 in Mexico geboren und als Teenager mit seinen Eltern in die USA ausgewandert, wo er im Grunde genommen aufgewachsen ist. Schon früh zeigt er mehr Interesse an der Musik als an einem Universitätsstudium. Die Santana Blues Band gründet er mit 19 Jahren 1966 mit dem Ziel, Profimusiker zu werden, nachdem er sich mit Gelegenheitsjob und als Straßenmusiker eine Zeit in San Francisco durchgeschlagen haben soll. Auf dem Monterey International Pop Festival 1967 heizte er noch für "The Who" ein. Der legendäre Auftritt "fully stoned" beim Festival in Woodstock führte ihn direkt zum Plattenvertrag mit Columbia Records. „I was knocked out – ich war überwältigt“, so beschreibt Clive Davis, damals Leiter der Plattenfirma, seine Reaktion nachdem er Santana das erste Mal hörte. Die erste Platte mit "Evil Ways" bringt gleich "Gold" und wird mit Erstaunen in der US-Musikwelt wahrgenommen. Der junge Latino hatte es geschafft!
Der kreative Künstler und Philanthrop Santana ist nach seiner langen Schaffensperiode inzwischen Miteigentümer einer Tequila Destillerie, nebenberuflicher Winzer und Designer von Schuhen und Taschen. Aus all diesen Projekten fließt Unterstützung in diverse humanitäre Organisationen wie der Milagro Foundation, einer Stiftung, die seine Familie 1998 gegründet hat. Sie hilft das Leben von unterprivilegierten Kindern im Bereich Bildung und Gesundheit zu verbessern. Santana selbst sagte 2014 in einem Interview, dass die Tequila- und Schuh-Einnahmen z. B. dazu dienten, eine 24-Stunden-Klinik in Mexiko mit all ihrem Personal wie Krankenschwestern oder Ärzten und das Inventar zu finanzieren, HIV-infizierten Kindern in Afrika zu helfen oder jugendlichen Alkoholikern. Auch ein Teil seiner Musikeinnahmen fließen in karitative Projekte und da "spielt er noch einiges ein". Zwar wechseln die Bandmitglieder in den Jahren kontinuierlich; geblieben ist bis heute der feurige E-Guitarrensound von Santana.
„Wir aus East L.A. waren so stolz“, sagt Cesar Rosas, von Los Lobos*3, die wie viele andere nach Santana, von Gloria Estéfan bis Ricky Martin, Shakira und Maná, Generationen an lateinamerikanischen Musikern begründeten, die Salsa, Merengue- oder Mambo-Musik und Tanz in Form von Latin Pop oder -Rock "hoffähig" machten und zu uns nach Europa gebracht haben.