MUSIK FÜR VERSTIMMTE SÄNGER
Die Geburt des Bossa Nova
"Schuld war nur der Bossa Nova,
Was kann ich dafür.
Schuld war nur der Bossa Nova,
Bitte glaube mir.
Denn wer einen Bossa Nova tanzen kann,
Dann fängt für mich die große Liebe an.
Schuld war nur der Bossa Nova,
Der war Schuld daran"
Als die deutsche Sängerin Manuela 1963 mit dieser Cover-Version von "Blame It On The Bossa Nova" (Eydie Gormé) die deutschen Charts stürmt, ist in der Tat der Bossa Nova Schuld: und zwar an ihrem großen Erfolg. Die neue brasilianische Musikrichtung indes, „die neue Welle“, ist zu der Zeit mehr als fünf Jahre alt und soll sich anfänglich eine Menge Spott wie „Musik für verstimmte Sänger“ gefallen lassen haben müssen. Dennoch ließ sich der Siegeszug nicht aufhalten und heute kennt jeder Musikfreund die Evergreens wie „Girl from Ipanema", "Desafinado", "Mas Que Nada" – auch wenn er nicht gerade zum Jahrgang der deutschen Schlagersängerin Manuela zählt.
Im Wirtschaftswunderland der 60er saugen die ausgehungerten Deutschen diese sanften Wellen wie ein Schwamm auf, Ist diese Mischung aus Samba und Jazz-Rhythmen doch etwas anderes als gewohnte Musik im 4/4-Takt.
Antônio Carlos Jobim ("The Girl From Ipanema"), Baden Powell, Luiz Bonfá, Astrud und João Gilberto gelten in den späten 50er-Jahren als Begründer dieses Stils in Brasilien, wobei dieser über die Zusammenarbeit mit amerikanischen Jazz-Musikern wie Stan Getz den großen internationalen Durchbruch erfährt.
Einen nicht unwesentlichen Anteil an der Verbreitung dieser Musik hatte der mit einem Oskar und einem Golden Globe preisgekrönte französisch-brasilianische Film „Orfeu Negro“ aus dem Jahre 1959 (Regie Marcel Camus), der den antiken Mythos von Orpheus und Eurydike in die Gegenwart des Karnevals in Rio de Janeiro verlegt. Jobim und Bonfa schrieben für den Fild die Klassiker „A Felicidade“ und „Manhã de Carnaval".
"Chega De Saudade" (Nie wieder Sehnsucht) von Jobim aus dem Jahr 1958 gilt dem Mythos nach als eine der wichtigsten Kompositionen des Bossa Nova und wird deshalb als Geburtsstunde dieses neuen Genres betrachtet.
Der letzte Schrei ist übrigens in den 60ern nicht nur dieser weiche Beat allein, der die deutschen Sehnsüchte befriedigt – schnell schwappt auch der dazugehörige Tanz herüber und Magazine drucken die Schrittfolgen ab.
Keine andere Musikrichtung inspirierte so sehr – selbst Ella Fitzgerald und auch Frank Sinatra konnten sich ihr nicht entziehen: die Zutaten dieses „schrägen“ lateinamerikanischen Sounds sind eine sanfte rauchige Stimme, weiche Grooves und eine markante akustische Gitarre. Die Wogen der neuen Welle glätten sich gegen Ende der 60er Jahre, wobei der Geist dieser Welle die Popmusik inspiriert und als Dancefloor-Musik bis in die heutige Zeit aktuell bleibt.